Welche Pläne Karsten Scholz hat, der nach 26 Jahren den Posten als 1. Sportwart alpin abgegeben hat
Wieschen, Käuling, Fischzucht. Karsten Scholz kennt sie alle. Die Skiabfahrten am Kreuzberg in der Rhön fuhr der heute 54-Jährige als Kind ungezählte Male herunter. Seit er mit drei Jahren zum ersten Mal auf Skiern stand, ist er dem Sport treu geblieben – und dem Ski-Club „Rhön“ Fulda. Nach 26 Jahren als Vorstandsmitglied hat er im Mai 2022 den Posten als „1. Sportwart alpin“ zwar abgegeben – dem Verein geht er trotzdem nicht verloren. „Ich werde dabeibleiben“, verspricht Karsten.
„Die Aufgabe als Sportwart lässt sich im Grunde nur dann korrekt ausfüllen, wenn man selbst Kinder hat, die Rennen fahren“, sagt Karsten Scholz zur Erklärung. So war es ja schließlich auch bei ihm. Mit Sophia, Hannah, Carla – seinen drei Töchtern – und den anderen hoffnungsvollen Ski-Fahrern des Clubs fuhr er an den Wochenenden oft in die Alpen, um unter optimalen Bedingungen zu trainieren oder an Rennen teilzunehmen. „6.30 Uhr aufstehen, 45 Minuten joggen, 7 Uhr Frühstück, 8 Uhr auf den Berg – da hat keiner gemeckert“, erinnert sich Karsten amüsiert. Für ihn war es eine „supertolle Zeit“ mit seinen Töchtern, die er auf keinen Fall missen möchte. Auch wenn die Skitage in den Bergen für ihn weniger mit Skifahren zu tun hatten als damit, „Stangen in den Hang zu kloppen“ und für die Kinder da zu sein.
Schließlich hatte er genau solch eine supertolle Zeit als Kind selbst erleben dürfen. Sein Vater Dietmar (81), der sich ebenfalls 26 Jahre im Vorstand engagierte, davon zwölf Jahre als Vorsitzender den Verein führte, kam als Kind auf der Flucht aus Breslau in die Rhön. In Bischofsheim-Hasselbach fand die Familie nicht nur Schutz, sondern auch Gefallen am Skisport. Dietmar fuhr erst in einer Art Holzpantoffeln, später auf Holzski die Hügel runter. Als er dann auch noch seine spätere Frau Inge beim Skifahren am Kreuzberg kennenlernte, war klar, dass der Skisport die Familie immer intensiv begleiten würde. Karsten und seine zwei Brüder Stefan (Jahrgang 1964) und Jochen (Jahrgang 1969) waren kaum aus den Windeln raus, da standen sie schon auf den Brettern. Die Familie Scholz und Skifahren, das ist seither eine Einheit. „Mein Papa hat später immer mal gesagt, das ganze Geld, das er fürs Skifahren ausgegeben hat, das hätte auch für ein Haus gereicht – nur wäre das nicht so schön geworden wie die vielen Skitage in den Bergen“, erinnert sich Karsten amüsiert.
1974 trat Karsten Scholz in den Ski-Club ein; zeitgleich mit einer Generation von Skifahrern, die die kommenden Jahre prägen sollten: Kai Witzel, Gregor Pchalek, Lutz Obermayer, Alexander Woyth oder Sabine Kahl. Etwas später dann auch Olli Schneider oder Karstens Bruder Jochen. Die Wochenenden im Winter gehörten dem Ski-Club. Entweder auf der Hütte („Oh Mann, wir haben stundenlang Brennholz in den Keller geschleppt!“) oder beim Training und den Titelkämpfen. Die Hessenmeisterschaften fanden damals noch oft in der Rhön statt – nicht selten mit um die 100 Teilnehmern in den Schüler- und Jugendklassen. Es gab viel Skinachwuchs und noch mehr Schnee. Karsten selbst, so stellt er nüchtern fest, „landete nie ganz vorne“. Er sei eher der besonnene Typ, gehe nicht ganz ans Limit wie sein Bruder. „Ich hätte vielleicht mehr den Kopf ausschalten und mutiger sein müssen, um mehr Rennen zu gewinnen“, sagt Karsten. Als eine seiner besten Platzierungen erinnert er sich an einen 9. Platz bei einer Hessenmeisterschaft, die damals am Feuerberg ausgerichtet wurde. Karsten sieht sich mehr „als Schaffer und Macher“. In der ersten Reihe muss er nicht stehen. Der ganz große Erfolg – auch in seiner Lieblingsdisziplin Riesenslalom – blieb ihm verwehrt. Den Spaß am Sport hat das nie schmälern können.
Auch, weil er noch etwas anderes, viel Wichtigeres erleben durfte: Gemeinschaft. Bei Kinder- und Jugendfreizeiten, bei Zeltlagern, in den Bergen, am Simmelsberg. Zum Training ging es ins Stubaital oder nach Maria Pfarr/Wagrain. Der Firmenbus von Papa Dietmar steuerte an den Wochenenden oft Richtung Hintertux. „Es geht nur mit Gemeinschaft“, weiß Karsten. Und diese Erfahrung war für ihn der Antrieb, dieses Erleben weiterzugeben. „Ich wollte etwas von dem zurückgeben, was ich selbst erfahren durfte“, sagt Karsten über seine Zeit als Sportwart alpin, in der so erfolgreiche Skifahrer wie sein Neffe Robin Scholz oder Madeleine Remmert ihre Karriere starteten. Das „Zurückgeben“ hat Karsten auch immer buchstäblich verstanden. Als Elektromeister und selbständiger Geschäftsführer der Firma „Backes & Scholz“ zögert Karsten bis heute keinen Moment, wenn er an der Hütte etwas reparieren, ersetzen oder neu anschaffen kann. Dieser Einsatz und diese Großzügigkeit sind in Geld kaum aufzuwiegen.
Als wollte er es seinem Vater gleichtun, lernte Karsten seine Frau Cristina ebenfalls übers Skifahren kennen. Als Vereinslehrer am HSV-Stützpunkt betreute Karsten auch die drei Kinder von Cristina, die Mitglied in der SKG Gersfeld waren. „Die Kinder waren alle gleich alt, alle gut drauf, das hat gleich gepasst“, erinnert sich Karsten. 2015 haben Cristina und Karsten geheiratet. Heute leben sie in ihrem neu erbauten Haus in Poppenhausen, das so geschickt ausgerichtet ist, dass ihnen im Tagesverlauf kein Sonnenstrahl entgeht. Der Standort ist ideal, um zu Ausflügen aufzubrechen. Beispielsweise zu einer Tour mit dem Fahrrad über die Wasserkuppe und die Eube, die Karsten natürlich noch als Skihang kennt.
Später einmal, so können es sich Cristina und Karsten vorstellen, zieht es sie vielleicht in Cristinas alte Heimat an den Lago Maggiore. „Dort rund um den Jahreswechsel bei 20 Grad am Marktplatz eine Pizza zu genießen, ist auf alle Fälle erstrebenswerter als das halbe Jahr Schmuddelwetter bei uns“, sagt Karsten, der sich überdies darauf freuen darf, im Oktober 2022 Opa zu werden. Der Ski-Club wird deshalb den Platz in seinem Herzen nicht verlieren. „Ich werd‘ jetzt zwar nicht den Bürokram machen, aber so als Hüttenwart könnte ich mich schon noch mal sehen“, sagt Karsten und lacht.
Text, Fotos: Alexander Gies
Fotos: privat, Karsten Scholz